Das „Urban Gardening” ist bald gelebte Praxis
RETAIL Catherina Hoschtalek 13.01.2015

Das „Urban Gardening” ist bald gelebte Praxis

bellaflora Mit der Ausrichtung auf grünen Lifestyle setzt die Fachmarktkette auf moderne Unternehmenskultur

Geschäftsführer Alois Wichtl über die aktuellen Herausforderungen im Bereich der Fachmärkte.

Leonding. Österreichs Fachmärkte setzen angesichts stagnierender Kaufkraft auf unterschiedliche Konzepte. So vertraut Gartencenter-Betreiber bellaflora auf seine Positionierung als „grüne Nummer eins”. Im Interview spricht Geschäftsführer Alois Wichtl über aktuelle Herausforderungen im Bereich der Fachmärkte und den Konsumenten der Zukunft.

Seit einigen Jahren ortet der Retail-Spezialist zwei unterschiedliche Herausforderungen für Österreichs Fachmärkte: Zum einen drängen andere Branchen in den Markt, die Teile ihres Sortiments in Massen zu sehr attraktiven Preisen verkaufen. „Diese Angebote sind nichts anderes als Lockmittel, um mehr oder neue Kunden in die Geschäftslokale zu bekommen”, so Wichtl. „Der schöne Nebeneffekt ist zusätzlich generierter Umsatz, der anderswo abgeht.”

Mündige Endverbraucher

Zum anderen wächst die Bedeutung des Onlinehandels „als Informationsquelle und im Bereich aktiver Kauf”. Diese Veränderungen vollziehen sich synchron zu nicht wachsenden Märkten. „Vom Naschen in fremden Bereichen sind auch wir als Gartencenter betroffen”, erklärt Wichtl und zitiert Pflanzencontainer in Supermärkten und im Möbelfachhandel. „Webshops sehe ich eher noch als Informationsquelle”, der Versand von Pflanzen sei nach wie vor „ein sehr schwieriges Thema”.

Eine Prämisse des Zielpublikums lautet: Beste Qualität zu optimalen Preisen. „Der mündige Konsument stellt heute klare und umfassende Ansprüche”, beschreibt es Alois Wichtl. Dazu zählen auch volle Verfügbarkeit in unmittelbarer Nähe und ein breites, jederzeit abrufbares Informationsangebot – Voraussetzungen, die Retail-Spezialisten mitunter vor veritable Herausforderungen stellen: „Wir müssen uns im Klaren darüber sein, dass wir es im Gartencenter mit lebender Ware und hoher Emotionalität zu tun haben.” Die Handelsware dient hier nicht der Grundversorgung – und befindet sich deshalb auch nicht auf dem alltäglichen Einkaufszettel. „Zu uns kommen Kunden, wenn sie einen speziellen Wunsch verwirklichen wollen, etwas für die Seele oder das Auge suchen, oder um sich oder anderen etwas Gutes zu tun.” Und genau deshalb wünschen sich diese Kunden auch ein qualitativ hochwertiges und breit gefächertes Angebot. Gustieren, sich verführen lassen oder Impulskäufen nachgeben zu dürfen, sind dabei die wesentlichen Parameter.

Fokus Nachhaltigkeit

„Zudem geht es um ein ethisches Bewusstsein; die Kunden werden kritischer, was gut ist”, so Wichtl, der bellaflora als Gesamtanbieter in Sachen Garten positioniert. Dabei setzt er auf eine große Auswahl und auf Know-how. An sämtlichen 26 bellaflora-Standorten wurden darum Beratungsinseln eingerichtet, fachlich spezialisierte Mitarbeiter helfen bei der adäquaten Produktwahl.

Darüber hinaus trägt man im Warensortiment aktuellen umweltökonomischen Anforderungen Rechnung. So hatte bellaflora erst kürzlich mit einer breiten Informationskampagne zur Schonung der Torfressourcen von sich reden gemacht. Auch das übrige Angebot orientiert sich an umweltrelevanten Erkenntnissen: „Der Kunde kann sich bei uns darauf verlassen, ausschließlich naturnahe, biologische Pflanzenschutz- und Pflanzenstärkungsmittel zu erhalten.”

Was die Profilierung angeht, so setzt bellaflora auf das Qualitätssegment, inklusive entsprechender Sortimentsbreite und -tiefe. „Besondere Bedeutung für die Zukunft messen wir der nachhaltigen Entwicklung bei”, betont Alois Wichtl, „nicht als Marketinginstrument, sondern als Unternehmenskultur.” Klarheit, Wahrheit und Nachvollziehbarkeit liegen dem Unternehmensleiter dabei besonders am Herzen. „Der Kunde der Zukunft wird in diese Richtung Fragen stellen; wer sie beantworten kann, wird erfolgreich sein”, so seine Überzeugung. Dabei wähnt er weniger das Medium der jeweiligen Botschaft im Fokus, als vielmehr deren Inhalte. Im marketingrelevanten Medienkontext prognostiziert Wichtl zukünftig eine Verschiebung weg von klassischen hin zu neuen Medien.

Tradition und Leidenschaft

In Österreich hat Gärtnern Tradition. Was früher oft der Selbstversorgung diente, gerät heute immer mehr zur Leidenschaft – und zum Hobby. „Der Garten und die Freiflächen sind heute eine Oase für die Seele”, erklärt der Fachmann. „Der Garten ist zum Erlebnis, zur „Chill-out-Zone”, geworden.” Darum wird das „Garteln” wohl auch zukünftig im Leben der Menschen eine wichtige Rolle spielen. „Die Terrasse, der Balkon oder der Mietergarten gewinnen in den Ballungsgebieten zusätzlich an Bedeutung”, konstatiert Wichtl. „Urban Gardening wird kein Schlagwort, sondern gelebte Praxis sein.” Darunter fällt auch der Begriff des kleinen, „essbaren Gartens”. Das aktive Gärntern und das Gefühl, etwas geschafft zu haben, wird vor allem für Städter immer wichtiger. Selbst in kleinen Mietergärten oder auf Dachterrassen in Wien finden sich immer öfter Hochbeete mit Kräutern und Paradeisern. „Das Interesse der Menschen am biologischen Garteln ist in den letzten Jahren enorm gewachsen”, freut sich der bellaflora-Geschäftsführer. „Das sind beste Voraussetzungen, um sich als Gartencenter weiterzuentwickeln.”

Weniger Pestizide

Um den Konsumentenbedürfnissen auch zukünftig entgegenzukommen, wird bellaflora verstärkt auf das Einkaufserlebnis der Kunden achten. „Der Kunde möchte ein gutes Gefühl haben, wenn er eine Filiale betritt”, unterstreicht Wichtl. „Wir verstehen uns als die grüne Nummer eins”, zieht Wichtl Bilanz. Diesem Anspruch will man auch zukünftig gerecht werden. In diesem Sinne wird bellafloras Produktsortiment weiter in Richtung ‚Bio' ausgebaut werden. „Das Interesse unserer Kunden an biologischem Garteln steigt Jahr für Jahr; das ist eine wunderbare Entwicklung, die sich gegenseitig verstärkt.” Auf bella-floras Agenda stehen die Verringerung des Einsatzes von Pestiziden, die Erhaltung von Sortenvielfalt und Raritäten, der Bienenschutz sowie der generelle Schutz von Nützlingen. „Als Unternehmen sind wir gern bereit, unseren Beitrag dazu zu leisten, und das tun wir auch”, betont Wichtl.

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