Die allwissende Müllhalde in Not
RETAIL 16.10.2015

Die allwissende Müllhalde in Not

Die Zukunft: Müllräume statt Kinderzimmer.

MISTDILEMMA. Mitunter neige ich zur Fehlreaktion. Beispielsweise spucke ich den Kaugummi gern in den Restmüll, wiewohl der aufgrund seiner physischen Beschaffenheit eindeutig in den gelben Sack gehört. Aber was in den gelben Sack muss, unterscheidet sich halt mächtig: Im nördlichen Weinviertel kommen dort die Getränkedosen rein, im südlichen Niederösterreich haben aber Rote Bullen in gelben Säcken kein Leiberl. Für Leute mit zwei Wohnsitzen ist das ein bisschen ein Psychospielchen. Warum sich so etwas – das für die Industrie auf der einen Seite teuer, für den Konsumenten auf der anderen sehr aufwendig ist – nicht vereinheitlichen lässt, tja, wer soll das eigentlich verstehen?

Und überhaupt – die Österreicher und ihr Müll: Zu trennen wären in meiner Heimatgemeinde Dosen und Metall, Plastikverpackungen, Batterien, Papier, Restmüll, Biomüll, Textilien, Medikamente – Letztere nehmen zu mit Alter und Experimentierfreudigkeit. Am häufigsten renn ich aber mit dem Bio-Müll – eh scho wissen: 2 + 1 gratis, eins für die Tonne, eins für mich. Ins Gewicht fällt ganz ordentlich auch das Papier, weil ich wochenends mehr Zeitschriften kauf als ich lesen kann. Ich folge hier dem buddhis­tischen Prinzip: Womit man sich umgibt, das prägt einen. Wenn schließlich die Süddeutsche, Zeit und Spiegel und sämtliche Musikzeitschriften, dazu noch die Philosophieschundhefte und das neue Lucky Luke (alle: ungelesen) herumliegen – dann prägt das allein durch seine Anwesenheit meine schillernde Persönlichkeit.
Aber was ich eigentlich sagen will: Der ganze Müll braucht ein eigenes Zimmer! Wie soll einer, der auf 40 Quadratmetern hockt, effektiv Müll trennen? Wohnraum-Realität und heimische Mülltrenn-Anomalie driften meiner Meinung nach auseinander.

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