Eine Lanze für den Georg Pfeiffer
RETAIL 27.11.2015

Eine Lanze für den Georg Pfeiffer

Expansion um jeden Preis ist ein brutaler Zwang.

Die Finstere Brille ••• Von Christian Novacek

ZIELPUNKT. Gerade haben wir die APA-Fotos von Georg Pfeiffer anlässlich der Gespräche zur Zielpunkt-Pleite angesehen. Die spontane Reaktion der Kollegin ob Georgs Gesichtsausdruck: Er tut mir so leid! Und, ja, unter Männern sprießt Mitgefühl nicht ganz so unmittelbar, aber eines trau ich mich sagen: Georg Pfeiffer ist einer der Redlichen in der Branche. Durch welches emotionale Tränental er jetzt geht, mag ich mir gar nicht vorstellen. Von Vorsatz traut sich bei der Zielpunkt-Pleite sowieso keiner zu reden. Von Selbstüberschätzung schon.

Doch woher kommt die? Ich behaupte, sie ist nicht nur ein Zeitgeistphänomen, sondern ein zeitgeistiger Zwang. Wer nicht expandiert, stirbt. Diese archaische Regel ist wissenschaftlich schon lange demontiert. In der Praxis blieb sie dennoch in Beton gegossen. Im Handel sowieso. In einer Handelslandschaft, wo zwei Player zwei Drittel des Marktes machen und zusammen mit Hofer für rd. 85 Prozent des Gesamtvolumens stehen – da schaust als Dritter entweder ganz schnell, dass du wächst und gedeihst oder du kommst unter die Räder. Aus Sicht der Industrie ist das ein Drama: Ein dritter Player im LEH macht den gewissen Unterschied zu monopolistischen Märkten wie der Schweiz aus. Inwieweit das verbleibende Nah&Frisch-Gerüst diese Rolle übernehmen kann, ist jetzt das große Fragezeichen.
Vor meinem geistigen Auge sehe ich den Asterixschen Satz: Ganz Österreich wurde von den Resparianern übernommen. Ganz Österreich? Im kleinen Waldviertel gibt es zwei nah gelegene Frische-Bastionen, die dem Konsumenten zeigen, wozu ein Kaufmann fähig ist. Ja, und den MPreis gibt's auch noch. Und den Wedl. Aber haben die einen Zaubertrank, der nicht auf ­Expansion um jeden Preis beruht?

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