Heimische Geflügelware unterliegt Billigimporten
RETAIL Ornella Wächter 06.02.2015

Heimische Geflügelware unterliegt Billigimporten

Geflügelbranche Österreichische Qualitätsprodukte im Konkurrenzkampf mit Billigware aus den Nachbarländern

Die Organisation der österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG) warnt vor Stillstand der Putenproduktion.

Wien. Geflügel gehört mithin zu den beliebtesten Fleischgerichten in Österreich, im Jahr werden durchschnittlich 20,2 kg Puten- und Hühnerfleisch von Herr und Frau Österreicher verspeist.

Die heimischen Geflügelbauern hätten somit allen Grund zur Freude – in Wahrheit fürchten die meisten Geflügelmastbetriebe des Alpenlands das Aus ihrer Produktion. Robert Wieser, Obmann der Dachorganisation der österreichischen Geflügelwirtschaft (ZAG), bestätigt, dass „österreichische Geflügelbauern unter enormem Druck stehen”; nahezu 60% des Putenfleischs kämen aus den Nachbarländern Italien, Ungarn oder Polen. Die Tendenz ist steigend; düster illustriert Wieser die schrumpfenden Marktanteile der Masthuhnproduktion, die auf 85% der Inlandsversorgung gesunken ist. Die Putenfleischproduktion schafft keine 40% mehr.

Gute Qualität kostet

Obmann Wieser zufolge seien die gegenwärtigen gesetzlichen Bestimmungen hauptverantwortlich für die prekäre Lage, da sie nicht mehr „wettbewerbsfähig produzieren” können. Im Vergleich zu den Nachbarländern seien Tierschutzbestimmungen in Österreich sehr viel strenger. Die Besatzdichte, welche die Anzahl lebender Hühner/m2 im Jahr vorschreibt, liegt in Österreich bei maximal 30 kg/m2, in anderen EU-Ländern bei 42 kg/m2. Die Putenhaltung hingegen liegt bei 40kg/m2 Besatz im Jahr, bei den Nachbarn liegt sie im Bereich von 60-70kg/m2 – was Wieser zufolge Wettbewerbsnachteile für die Bauern schaffe. Und: Längerfristig sei es wirtschaftlich „nicht möglich, Putenfleisch zu erzeugen”. Die Mengen, die es an Putenfleisch bräuchte, um das Inland zu versorgen, gäbe es einfach nicht. Österreich nehme mit den strengen Standards zwar eine Vorreiterrolle in den Bereichen Tiergesundheit, Lebensmittelsicherheit und Tierwohl ein und produziere auch qualitativ hochwertige Geflügelwaren – aber dies bedeute gleichzeitig auch einen höheren Kostenaufwand für die Landwirte. Die extremen Kostennachteile sollten mit dem sogenannten All In One-Programm ausgeglichen werden und eine wettbewerbs-fähige Rahmenbedingung schaffen. Die Initiative der Branchenvertretung konzipierte eine Art Belohnungsmodell für Tierhalter, die sich nachweislich besser um das Tierwohl kümmern. Das Engagement für das Tierwohl würde mit „mehr Tieren im Stall” honoriert, so Wieser, allerdings wurde der Vorschlag abgelehnt.

Heimvorteil für Import

Die hohen Produktionsstandards und die gute Qualität führen unweigerlich auch zu höheren Preisen – somit bietet der Lebensmittelhandel vermehrt ausländisches Geflügelfleisch an. Auch das Putenfilet beim Wirt stammt oft nicht aus Österreich. Wieser warnt: „Mit den zunehmenden Einfuhren wird auch mehr Tierleid importiert.”

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