Schlecker, der traurige Abgang
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RichtspruchAnton Schlecker (Mitte): zwei Jahre Haft auf Bewährung, 54.000 € Geldstrafe; Lars Schlecker: zwei Jahre und neun Monate Haft, Meike Schlecker: zwei Jahre und acht Monate Haft.
RETAIL Redaktion 01.12.2017

Schlecker, der traurige Abgang

Die Schleckers haben 14 Mio. Euro Wiedergutmachung gezahlt. Haftstrafen gab es dennoch.

STUTTGART. Anton Schlecker hat nach fast neun Monaten Prozess vor dem Landgericht Stuttgart sein Urteil: Das Gefängnis bleibt dem einstigen König der Drogeriebranche erspart – er kriegt zwei Jahre Haft auf Bewährung wegen Bankrotts, dazu 54.000 € Geldstrafe. Seine Kinder Lars und Meike trifft es härter –zwei Jahre und neun beziehungsweise acht Monate Haft.

Die Pleite vor Augen, davon sind die Richter überzeugt, wurden Millionen beiseitegeschafft, um das Geld vor den Gläubigern in Sicherheit zu bringen. Dass die Strafe für den Firmengründer am Ende moderat ausfällt, liegt daran, dass der ihm zuzurechnende Schaden viel kleiner ausfällt als in der Anklageschrift der Staatsanwälte.
Fast sechs Jahre ist die Insolvenz der damals größten Drogeriekette Europas inzwischen her. Seit März 2017 lief in Stuttgart das Verfahren. Sofern das Urteil Bestand hat, wäre die strafrechtliche Aufarbeitung damit abgeschlossen. Der Schlussstrich unter den Fall Schlecker wäre das aber nicht.
Zwar haben die Richter den Niedergang des einst milliardenschweren Konzerns bis ins kleinste Detail durchleuchtet, haben Zahlenkolonnen, Grafiken und Kontoauszüge studiert, Gutachter und Zeugen angehört. Ex-Führungskräfte haben geschildert, wie Anton Schlecker quasi allein über sein Imperium herrschte, keinen Widerspruch duldete, wie selbst Direktoren bis zum bitteren Ende davor zurückscheuten, dem Chef schlechte Nachrichten zu überbringen.
Zur Wahrheit gehört aber ebenso: Schlecker bestand darauf, den Mitarbeitern noch Ende 2011 nicht nur pünktlich das Gehalt, sondern auch das Weihnachtsgeld zu zahlen. Er wollte schlichtweg nicht an das Ende seines Lebenswerks glauben.

Tragischer Fall

Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz hat dargelegt, wie die Rettung scheiterte – und warum. Wie Schlecker mit Tausenden unattraktiven Mini-Filialen mehr und mehr Kunden an die Konkurrenz verlor, wie das Geld für ein geplantes Umbaukonzept fehlte, wie ein potenzieller Käufer in letzter Sekunde absprang. Für die Insolvenz an sich schuldig sprechen kann man Anton Schlecker nicht. „Es ist tragisch, wenn die Firma insolvent geht, aber vorwerfen kann man das strafrechtlich jedenfalls nicht”, beurteilte das der Richter. Eine Insolvenz ist keine Straftat.

Betrachtet man indes den Fall nicht nur strafrechtlich, geht es um völlig andere Dimensionen. Gut 22.000 Gläubiger haben Forderungen angemeldet, das Volumen liegt bei mehr als einer Mrd. €. Einige Hundert Millionen versucht Geiwitz mit Kartellklagen gegen damalige Lieferanten einzutreiben. Wieviel er bekommt, ist nicht absehbar. (APA/red)

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