Alltag im Cyberspace
© Fakultät für Informatik
Radu Grosu, Professor an der TU Wien, glaubt, dass cyberphysikalische Systeme unseren Alltag grundlegend verändern werden.
TECHNOLOGY Redaktion 08.04.2016

Alltag im Cyberspace

Die Durchdringung von Informations- und Kommunikationstechnologie führt zu „Cyber-Physical Systems”, die sich in allen Lebensbereichen einnisten.

WIEN. Man schaltet den Computer ein, lässt ihn rechnen und bekommt ein konkretes Ergebnis. So sieht in etwa die „klassische” Arbeit mit Computerprogrammen aus. Hier hat es in den letzten Jahren massive Veränderungen gegeben: Verschiedene Computersysteme haben miteinander zu ­interagieren begonnen. Programme steuern den Airbag im Auto, die Temperatur in den Häusern und den Takt von Herzschrittmachern. Software und physische Komponenten wachsen zu integrierten Systemen zusammen, und viele solche Systeme werden miteinander verbunden, um gemeinsam Probleme lösen zu können. Man spricht dann von Cyber-Physical Systems (CPS).

Vernetzte Prozesse

„Cyber-physische Systeme werden unseren Alltag völlig verändern”, sagt Prof. Radu Grosu von der TU Wien. „Man schätzt, dass bis zum Jahr 2020 auf jeden Menschen ungefähr tausend elektronische Systeme kommen werden.” In jedem Auto sind schon heute viele kleine miteinander vernetzte Prozessoren eingebaut. Eines Tages werden die meisten Autos ohnehin automatisch fahren und durch smarte Steuerung miteinander ausverhandeln, wer welchen Weg nehmen soll. Cyber-physische Systeme in Gebäuden werden das Wohnen angenehmer machen und für mehr Sicherheit sorgen. In den Fabriken werden sich Maschinen selbstständig aufeinander abstimmen – unter Schlagworten wie „Industrie 4.0” oder „Internet of things” werden diese Entwicklungen mittlerweile zum Teil auch bereits umgesetzt.

Österreich spielt in diesem Bereich eine international führende Rolle – sowohl in der akademischen Forschung als auch in der industriellen Anwendung. Dieses Jahr werden in der Wiener Hofburg vom 11. bis 14. April vier wichtige Konferenzen zur CPS-Week stattfinden; organisiert wird die CPS-Week gemeinsam von IST Austria, der TU Wien und dem AIT Austrian Institute of Technology.

Gute Schätzung

Bei CPS-Systemen müssen „Lösungen zuverlässig in Echtzeit gefunden werden”, sagt Prof. Thomas Henzinger vom IST Austria. „Wenn ein Programm auf meinem Desktop für ein paar Sekunden einfriert oder nach einem Update neu gestartet werden muss, dann ist das kein großes Problem. Doch bei der Steuerung eines Flugzeugs könnte das zu einer Katastrophe führen.” Die physischen Eigenschaften des Systems legen fest, wie lange die Software Zeit hat, um eine Antwort zu finden. „Das muss nicht unbedingt die bestmögliche Antwort sein. Eine brauchbare Näherungslösung zur richtigen Zeit ist besser als die exakte Lösung, die zu spät kommt.” Am Ende der Durchdringung von Informations- und Kommunikationstechnologie soll ein computertechnologisches Ökosystem stehen, das verschiedenste Lebensbereiche durchwächst. „Wir werden täglich mit Tausenden Computerprozessoren zu tun haben, sie aber kaum bemerken”, glaubt Radu Grosu. CPS wird sich reibungslos in unseren modernen Alltag einfügen.

BEWERTEN SIE DIESEN ARTIKEL

TEILEN SIE DIESEN ARTIKEL