Apps, Nachhaltigkeit und Multiplikation im Grätzl
TECHNOLOGY Christoph fellmer 24.04.2015

Apps, Nachhaltigkeit und Multiplikation im Grätzl

twenty.twenty Die 24. Ausgabe des Diskussionsforums beschäftigte sich mit den Zukunftsperspektiven moderner Apps

Codecheck.info bietet Konsumenten kontextbezogene Informationen über unterschiedlichste Produkte.

Wien. Welche Rollen spielen Apps im täglichen Leben – und haben sie das Potenzial, uns zu nachhaltigeren Konsumenten zu machen? Ein deutliches Ja ist das Fazit der 24. Ausgabe der twenty.twenty-Diskussion, die von A1 und The Gap organisiert und vom Institut für Journalismus und Medienmanagement unterstützt wird: Smartphone-Apps wie Codecheck.info bieten kontextbezogene Informationen, die nachhaltigen Konsum erleichtern und Alternativen aufzeigen.

Konsumentinnen und Konsumenten können durch ihr Verhalten zu einem Wandel in Richtung Nachhaltigkeit beitragen. Apps erreichen allerdings nur eine spezifische Zielgruppe, die sich intensiv informieren will. Diese Menschen wiederum wirken als Multiplikatoren im eigenen Bekanntenkreis oder im Grätzl.

App mit Hintergrund

Ursprünglich war Codecheck.info ein Diplomarbeitsprojekt des Schweizers Roman Bleichenbacher, an das seine Professoren nicht so recht glauben wollten. Seit 2002 hat er die Plattform ausgebaut und mittlerweile ist sie mit 22 Mio. erfassten Produkten die größte Produktdatenbank im deutschen Sprachraum. Die Community erfasst Inhaltsstoffe von Konsumgütern und macht Codecheck.info so zu einer Art Wikipedia, das nicht nur Informationen zu den abgefragten Produkten, sondern vor allem auch Vorschläge für Alternativen bietet, die gesünder und nachhaltiger sind.„Codecheck ist ein Prozess”, sagt Bleichenbacher. Ziel des Prozesses ist ganz klar, Menschen auf möglichst niederschwellige Weise zum Kauf nachhaltiger Produkte zu leiten und damit auch die Produzenten zum Umdenken zu bewegen. Was auf der Seite der Anwender ganz einfach funktioniert – die App arbeitet mit einem Barcode-Scanner –, ist im Hintergrund eine hochkomplexe und ressourcenintensive Angelegenheit, die erfasste Informationen, Expertenwissen und Technologie zusammenführt. Dafür hat Bleichenbacher im Vorjahr eine Finanzierungsrunde von über 1,2 Mio. CHF (ca. 1,17 Mio. €) abschließen können. In einer zunehmend globalisierten Wirtschaft wird es für die einzelnen immer schwieriger, Konsumentscheidungen auf Basis fundierten Wissens zu treffen; Apps können derartiges Wissen aggregieren und situationsabhängig darstellen.

Forschungsprognosen

Alexandra Millonig, Mobilitätsforscherin beim Austrian Institute of Technology (AIT), beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit den Faktoren, die Verhaltensänderungen bewirken. „Apps sind hilfreich für Menschen, die bereits sensibilisiert sind”, meint Millonig. Mit diesen allein werde ein Wandel nicht gelingen. Daher evaluiert Millonig neue Möglichkeiten, auch die Motive anderer Zielgruppen anzusprechen und durch Belohnungsmechanismen oder spielerische Elemente zur Nutzung von Mobilitätsinformationssystemen anzuregen.Die Prognosen für das Jahr 2020, das den Horizont der Veranstaltungsreihe darstellt, sind vorsichtig optimistisch. Niemand erwartet, dass Apps die ganz große Veränderung bringen werden, aber alle sind davon überzeugt, dass unabhängige, punktgenaue Informationen bei bereits sensibilisierten Menschen viel bewirken können. Diese agieren dann in ihrem Bekanntenkreis als „Grätzlavantgarde”, wie Thomas Bogner, Projektleiter der österreichischen Energieagentur, es ausdrückt, und bilden die Treiber für einen größeren Wandel. Fest steht aber: Apps sind für Entwickler immerhin ein gutes Geschäft.

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